Samstag, 2. Juli 2011

Mit Fahrradproblemen an die Grenze

Die letzten Tage in der Mongolei ging es durch eine karge Berglandschaft in Richtung Russische Grenze. Neben dem staendigen Wetter, hatten wir vorallem mit den weiterhin holprigen Strassen und den daraus resultierenden Fahrradproblemen zu kaempfen. Nur wenige Kilometer nach Ulaangom gabs bei Sven einen ersten Platten zu reparieren. Am zweiten Tag brachen bei Gabriels Fahrrad in der Mitte von Nirgendwo zwei Speichen. Der darauffolgende Tag brachte ein weitaus schwieriger zu loesendes Problem mit sich. Das aeussere Gewinde an Gabriels Hinterachse war voellig dahin. Die Radmuttern passten nicht mehr aufs Gewinde und drehten staendig durch. (Wohl Abnuetzung und schlechte Qualitaet die Ursache) Zwar fuehrten wir in der Mongolei so ziemlich alles an Ersatzmaterial mit was man sich vorstellen kann, eine Ersatzachse zu diesem Zeitpunkt aber nicht. Mit der naechsten Stadt hunderte von Kilometern entfernt, galt es eine Loesung vor Ort zu finden. So wuergten wir einige Muttern aus der Mitte raus um mehr Gewind zur Verfuegung zuhaben, feilten das kaputte Stueck aussen komplett ab und spannten das Rad mit neuen Radmuttern einigermassen akzeptabel ein. (Radabstand zu Rahmen = Milimetersache) Unglaublicherweise sollte diese Notloesung bis nach Russland halten, wo wir von einem Jungen fuer kleines Geld, CHF 2 Franken, eine gebrauchte Hinterachse abschrauben und einsetzen konnten. Vierter Tag, viertes Fahrradproblem. Lautes knacken bei Svens Hinterrad. Ein Kugellagerring auf der Hinterachse ist voellig kaputt. Kugeln raus, neues gefettetes Lager rein und weiter gehts... So kommen wir nur langsam vorwaerts. Gluecklicherweise haben wir genuegend Zeit und Essen fuer die menschenleere Strecke bis an die Tsagaannuur-Tashanta Grenze eingeplant. Waehrend fuenf Tagen sehen wir kein einziges Haus, geschweige denn ein Dorf oder einen Laden. Ganz selten werden wir von einem vorbeibrausenden Jeep oder einem weit entfernten Ger an die Zivilisation erinnert. Manchmal fuehlt man sich fast einwenig wie auf einem anderen Planeten oder in einem Film. Das Wetter traegt weiterhin seinen Teil zur dramatischen Stimmung bei. Dunkle Regenwolken, stahlblauer Himmel, Regenboegen. Die karge, schroffe Landschaft erinnert an Ausschnitte von "Herr der Ringe". Man muss sich nur noch den Turm von Mordor vorstellen und schon hoert man die Orks-Armee in der Ferne marschieren.Weit ist es nun nicht mehr bis an die Russische Grenze. Trotz Fahrradproblemen kommen wir , wenn auch langsam, taeglich weiter in Richtung Westen. Nicht aber ohne weitere Huerden. Die naechste Herausforderung heisst, Bohmoeroen River. Normalerweise erfreuen wir uns an Fluessen um Suesswasser aufzufuellen und uns zu waschen. Der Boehmoeroen River fuehrt aber weitaus zuviel Wasser mit sich, als es uns lieb sein kann. Fuenf reissende Fluesse nebeneinander. Keine Bruecke weit und breit. Diese Fluesse mit den Fahrraedern und Gepaeck zu ueberqueren erscheint aussichtslos. Die Flussueberquerung wird zur Tagesaufgabe und nach stundenlangem Suchen finden wir endlich eine geeignete Stelle, die uns als passierbar erscheint. So waten wir vollbepackt von einem Flussarm zum Anderen und stehen schlussendlich nach 20.00 Uhr Abends am gegenueberliegenden Flussufer. Muede, von Moskitos verstochen, aber gluecklich das Gepaeck etc. trocken geblieben ist und wir den Boehmoroen River hinter uns gelassen haben, stellen wir unsere Zelte fuer die Nacht auf. Am naechsten Tag erreichen wir das Grenzdorf Tsagaannuur, das letzte mongolische Dorf vor der Grenze zu Russland. Wie in der ganzen Provinz Bayan-Oelgii sind 90% der Bevoelkerung Kasachen und somit groesstenteils Muslime. Tsagaannuur ist alles andere als einladend. Ein paar grosse, leerstehende Sowjetische Bauten, einige hundert Haeuser und vereinzelte mongolische Gers stehen eingezaeunt von einem riesigen Stacheldrahtzaun in der kargen Landschaft. Die Leute sind aufdringlich, moechten mit den wenigen vorbeikommenden Touristen Ihr Geld machen. Eine Schar von Kindern zupfen und springen um uns herum. Nachdem wir fuer so lange Zeit in der Natur unseren Frieden hatten, ist dies besonders schwer zu ertragen. Puuuuhhhh, Menschen koennen echt muehsam sein... Eigentlich wollen wir schnellstmoeglich wieder weg. Unser Russlandvisa ist jedoch erst in drei Tagen gueltig. So suchen wir eine Bleibe fuer die Nacht und treffen schlussendlich doch noch die richtigen Leute. Eine Kasachische Familie laedt uns fuer die Nacht ein. Wenig spaeter sitzen wir in Ihrem kleinen, aber gemuetlichen Lehmhaus, welches traditionel mit Wandteppichen eingerichtet ist und eine Teerunde folgt der Anderen. Als wir nach 23.00 Uhr bereits mit dem verdienten Schoenheitsschlaf rechnen, trommelt Ainur, der Vater, die ganze Familie zu Tisch. Wir staunen nicht schlecht, als ploetzlich ein ganzer Schafskopf vor uns liegt. Ainur brummelt ein Tischgebet, verwirft die Arme zu Allah und fuer die Familie beginnt der Festschmaus, fuer uns der Gaumengraus. Nun sind starke Maegen und gute Ausreden gefragt.

Tagsdarauf radeln wir vor die Russische Grenze, campieren noch einen letzten Tag auf Mongolischem Boden, bevor wir ueber die Grenze rollen. Ueber 1000km Holperpiste sind hinter uns. Die Mongolei war ein Abenteuer. Nun freuen wir uns auf Russland und asphaltierte Strassen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen