Donnerstag, 21. Juli 2011

Von Russland ins Russische Kasachstan

Nach den auesserst enstpannenden Tagen in Biysk und den eher langweiligen landschaftlichen Aussichten, viel Landwirtschaft, auf dem Weg in Richtung Kasachische Grenze fiel es schwer, wieder in den Sattel zu steigen. Eintoenig waere es dann wohl auch geworden, waere da nicht die weiteranhaltende, grosse Russische Gastfreundlichkeit und immer wieder Fluesse, die uns eine herrliche Abkuehlung sowie ideale Campingplaetze bieten. (Moskitos ausgenommen) Auch in Sibirien ist mittlerweile der Sommer angekommen. Blumen bluehen in allen Farben, die lokalen Gemuesegaerten sind reichlich gefuellt und uns laeuft seit langer Zeit wieder einmal die Sonnencreme in die Augen. Wir nehmen es gemuetlich, stoppen oft in kleinen Doerfchen auf eine Zwischenmahlzeit und Kaffee. Dabei werden wir oft von lokalen Leuten nach Herkunft und Ziel gefragt. Woher? Wohin? Mit dem Fahrrad? Wie lange? Warum??? Auf diese Weise lernen wir im Dorf "Solonovka" einen Mann mit grauem Bart namens Alexander kennen. Er und seine christliche Vereinigung bauen am nahe gelegenen Fluss ein Sommercamp auf. Es sei wunderschoen, wir sollen doch fuer die Nacht bei Ihnen Halt machen. Gerne nehmen wir die Einladung an und folgen seiner Wegbeschreibung runter zum Fluss. Nach kurzer Zeit finden wir das Camp 3A und fragen nach dem baertigen Alexander. Dieser sei noch am Einkaufen im Dorf, sagt seine Frau Alla und zeigt uns schon mal einige schoene Plaetze auf Ihrem Anwesen, wo wir unsere Zelte platzieren koennen. Um 19.00 Uhr sind wir zum Abendessen eingeladen und staunen nicht schlecht, als vor uns ein unbekanntes Gesicht, auch mit grauem Bart, namens Alexander steht. Der Zufall wollte es, dass wir irrtuemlicherweise am falschen Ort anklopften und es sich beim Campbesitzer nicht um den Alexander handelte, der uns im Dorf Stunden zuvor begnegnete, sondern um einen anderen. Nach erster Verwirrung auf beiden Seiten, taut der anfangs grimmig dreinschauende "neue" Alexander auf und es wird viel gelacht. Schlussendlich verlaengern wir unseren Aufenthalt noch um einen Tag, Alexander zeigt uns seine Umgebung und Alla bekocht uns mit Ihren Angestellten vom Morgen bis am Abend grosszuegig. Wie fast alle Russen in dieser Region, haben auch Sie einen riesigen organischen Gemuesegarten auf den Sie maechtig stolz sind. Uns kommt dies oft in Form von Geschenken zu Gute. Fast taeglich werden wir mit frischem Gemuese oder Fruechten beschenkt.Was das Fahrradfahren angeht, gibt es wenig erwaehneswertes zu berichten. Die huegelige, landwirtschaftliche Landschaft ist ereignislos, der Wind weht zuweilen wieder stark in entgegengesetzter Richtung und uns bleibt viel Zeit, um uns Gedanken ueber die weitere Reiseroute zu machen. Wieder sind Fahrradprobleme zu loesen. Vorallem Svens Hinterrad bereitet taeglich Schwierigkeiten. Die Radmuttern loesen sich stetig, es laesst sich einfach nicht richtig einstellen. Dies zehrt an den Nerven und der Motivation. Gluecklicherweise finden wir am Abend wieder und wieder einen gemuetlichen Platz an fliessendem Wasser, wo wir uns waschen und entspannen koennen. Dies entschaedigt fuer Vieles. Die Grenze Zmeinogorsk-Shemonaika, welche uns von Russland nach Kasachstan bringen wird, rueckt so immer naeher. In der letzten groesseren Russischen Stadt Zmeinogorsk, kommen wir unerwartet ein weiteres Mal in den Genuss der Russischen Gastlichkeit. Waehrend wir auf der lokalen Post das Internet benuetzen, laedt uns die Postangestellte Tina spontan zu sich nach Hause ein. Kaum zu glauben. Sie beendet fuer uns Ihre Arbeit fruehzeitig, bringt uns im Haus Ihrer Mutter unter und kocht uns ein herrliches Abendmahl. Wie kann man nur so nett sein? Einfach ueberwaeltigend.

Tagsdarauf brausen wir die letzten Kilometer an die Grenze zu Kazachstan. Der Grenzuebertritt verlaeuft auch dieses Mal einwandfrei. Die Russischen Grenzbeamten verabschieden uns in Richtung Kasachstan und wir stellen uns schon mal auf ein neues Land, mit anderen Leuten ein. Ein Unterschied zu Russland ist dann aber nur schwierig auszumachen. Landschaftlich bleibt sich alles gleich, die Haeuser sind die selben wie in Russland, alte Ladas rasen weiterhin an uns vorbei, die Leute haben nur vereinzelt Asiatische Gesichter und es wird ueberall Russisch gesprochen. Mitte des 18. Jahrhunderts unterstellte sich das spaetere Kasachstan nach und nach dem Russischen Zarenreich. Die meisten Städte Kasachstans sind während dieser Periode von Russen gegründet worden. Ab 1919 folgte die jahrelange Sowjetische Besetzung. Auch wenn sowohl Kasachisch als auch Russisch offiziell als Amtssprachen gelten, ist Russisch die im Alltag dominierende Sprache in Kasachstan. Viele Kasachen, welche Russische Wurzeln haben, sprechen kein Wort Kasachisch. So koennen wir unsere hart erlernten Brocken Russisch weiterhin taeglich anwenden. Nach drei Fahrradtagen kommen wir in der ersten groesseren Stadt, Ust-Kamenogorsk (auf kasachisch Öskemen) im Nordosten von Kasachstan an. Die Stadt wurde im Jahre 1720 als russische Militär- und Poststation gegründet und entwickelte sich zu Zeiten der Sowjetunion zu einem Zentrum des Bergbaus und der Metallurgie. In Öskemen stand zudem das Kriegsgefangenlager 45, Ust Kamenogorsk, für Deutsche Kriegsgefangene des zweiten Weltkriegs. Heute zeigt sich Öskemen als lebendige Kleinstadt, die zum Verweilen einlaedt. Gruene Parkanlagen, gemuetliche Gartenrestaurants, grosses Lebens- sowie Genussmittelangebot und sommerliche Temperaturen. Dazu kommt ein Kasachischer Brauchtum, der uns auf Anhieb sympatisch ist. Wohnungsmiete anstelle von teuren Hotelzimmern. Ein Couchsurfer hilft uns bei der Suche und innert Stunden ziehen wir in unsere 1.5 Zimmerwohung mit Bad und Kueche im Stadtzentrum ein. Fuer umgerechnet knapp 20 CHF pro Nacht haben wir alles was uns lieb sein kann. Backofen fuer Pizza, eine eigene Putzfrau, gekuehltes Bier aus dem Kuehlschrank, Waschmaschine, warme Dusche und ein gemuetliches Bett. Knapp eine Woche lassen wir es uns hier gut gehen und werden am kommenden Sonntag einen Nachtzug von Ust-Kamenogorsk nach Almaty im Sueden von Kasachstan nehmen. Wie es von Almaty weitergeht ist von den Visasbestimmungen der kommenden Reiselaender abhaengig. Voraussichtlich gehts entweder ueber Kirgistan und China oder aber nochmals durch Russland zurueck nach Japan.

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