Freitag, 24. September 2010

Roundtrip South-India: Von Aurovillanern, verschwundenen Straenden und Teefeldern

Gasteintrag von Lukas Gut:
Wie bereits im letzten Blogeintrag angedeutet, brachte uns die Indische Eisenbahn (nach den haarstraeubenden Busfahrten in Ladakh waren wir alle heilfroh, wieder auf den Zug umsteigen zu koennen…) innerhalb von 40h nach Bangalore und das gerade mal fuer 15CHF pro Person. Entgegen den Erwartungen war die Fahrt im nicht klimatisierten Zug sehr angenehm und verging viel schneller als gedacht. Was an den indischen Zuegen wirklich super ist, ist der Umstand, dass die Zugstueren wahrend der ganzen Fahrt offen sind. In der offenen Zugstuere zu stehen, den erfrischenden Fahrtwind im Gesicht zu spueren und die Bananen-, Reis- und Zuckerrohrfelder an sich vorbeiziehen zu lassen, gibt einem ein einmaliges, belebendes Gefuehl des Unterwegsseins. Beim Zugfahren kriegt man zudem einen kleinen Einblick in die indische Denk- und Verhaltensweise. So ist es z.B. voellig normal, dass saemtlicher Abfall aus den Zugsfenstern geworfen wird, egal ob Bananenschale, Plastiksack oder Glasflasche. Das Erstaunliche dabei war, dass sich alle Inder so verhalten, selbst gebildete und aufgeklaerte Leute, die es eigentlich besser wissen sollten. Entsprechend sieht es entlang der Gleise quer durch den Subkontinent aus… Dass wir unseren Abfall jeweils mitnahmen, loeste meistens nur unglaeubige Blicke und Erstaunen aus.

In Bangalore angekommen (im Vergleich zu Delhi die viel modernere Stadt), kamen wir im luxurioesen Apartement von Mimi unter, wo wir einige Tage ausspannten, unsere weitere Reise planten und uns darueber freuten, wieder einmal selber kochen zu koennen. Nach Spaghetti Carbonara und Roesti ging es mit leichtem Gepaeck weiter an die Ostkueste nach Pondycherry. Von dort machten wir mit Mietvelos einen Tagesausflug nach Auroville, einer in den spaehten 60ern gegruendeten Ansiedlung mit inzwischen ca. 2500 Einwohnern aus 35 Nationen welche sich schlicht als “Aurovillians” bezeichnen. Die Philosophie hinter diesem “Project of Humanity” besteht aus folgenden Punkten: Gleiche Rechte fuer Alle, Ausschluss saemtlicher Religionen, Fokussierung auf Bildung und Wissenschaft sowie die spirituelle Weiterentwicklung des Individuums durch Meditation und materiellem Verzicht. Auch wenn teilweise etwas widerspruechlich und kompliziert, so war der Besuch der sehr schoenen und gepflegten Gegend von Auroville durchaus gedankenanregend und eine willkommene Abwechslung.
Unser naechstes Ziel waren die Straende von Varkala an der Westkueste. Zu unserem Erstaunen fanden wir anstatt eines kilometerlangen Strandes jedoch bloss eine steile, felsige Klippe vor. Wie wir uns belehren liessen, kommt der Strand erst im Verlaufe des Oktobers zum Vorschein, wenn die Monsoon-Zeit vorueber ist, sich das Meer etwas zurueckzieht und gleichzeitig grosse Mengen Sand anspuehlt. Gut fuer uns: Es waren kaum Touristen anzutreffen und wir fanden eine super Unterkunft, guenstig, mit 2 sehr geraumigen Zimmern und einem gigantischen Balkon, welchen wir in der Folge rege zum relaxen, “zmoergele” und “Apero neh” nutzten. Etwas verkatert (der Apero am Abend vor der Weiterreise war etwas ausgiebiger als sonst…) ging der Trip via den Backwaters von Allepey weiter ins Western-Ghats-Gebirge, wo die Tee- und Gewuerzfelder von Munnar auf uns warteten. Mit 2 Rollern machten wir uns auf, die Gegend zu erkunden. Die an die Haenge angeschmiegten Teestrauecher, scheinbar geometrisch zu endlosen Feldern angeordnet und feinsaeuberlich zurechtgestutzt, wirken wie riesige, flauschige Teppiche voller saftigem Gruen und haben eine sehr beruhigende und entspannende Wirkung auf einen. Auf dem Rueckweg begann es zu regenen und als ob das nicht schon genug waere, ging mir mitten im Irgendwo auch noch das Benzin aus. Innerhalb von 2 Minuten waren wir von ca. 5 Indern umgeben, die uns helfen wollten. Hier zeigte sich einmal mehr die sehr hilfsbereite und unkomplizierte Art der Inder, welche wir sehr zu schaetzen gelernt haben.
Von Munnar aus nahmen wir die Rueckreise zu Mimi in Angriff, wobei wir in Mysore einen Zwischenstopp einlegten. Mysore fuehrte uns nochmals vor Augen, was Indien so speziell macht: Ein Trauerzug (welcher eigentlich, urteilt man nach den Gesichtern seiner Teilnehmer, eher ein Freudenzug war) trug einen Verstorbenen, in einer Saenfte sitzend aufgebahrt, begleitet von Trommelmusik mitten am Nachmittag durch die Strassen der 1Mio-Metropole. Ein andermal fuehrten mehrere “verkleidete Zeremonienmeister” zusammen mit Musikanten, mitten im Kreisel einer verkehrsreichen Hauptstrasse einen wilden Tanz auf… Oder die Hindu-Leute, welche ihre neu gekauften Autos beim Brahamanen zur rituellen Segnung mit Feuer und Rauch vorbeibringen… Crazy India!
Schwups, und schon steht fuer mich die Heimreise in die Schweiz und fuer unsere beiden Globetrotter die Weiterreise nach Sri Lanka vor der Tuer. Es hat echt Spass gemacht mit euch zwei Wandervoegeln umher zu ziehen, Indien zu entdecken und bei einem kuehlen Bier Zukunftsplaene zu schmieden.

Und zum Schluss noch dies: Viele Blogleser nimmt es bestimmt wunder, wann Herr und Frau Sutter endlich in die Schweiz zurueckkehren, weshalb ich hier zum Abschluss eine Prognose wagen moechte: Herbst 2012 mit hohem Unsicherheitsfaktor! Ob die Prognose stimmt? Die Zukunft wirds zeigen! Eins ist sicher: The journey goes on!