Dienstag, 24. August 2010

Ueber das krisengeschuettelte Kashmir zurueck in die "Zivilisation"

In Leh stellte uns die Frage auf welchem Weg wir die Rueckreise ins Flachland bewaeltigen moechten. Die Flugoption war uns zu teuer, die Leh-Manali Strasse nach dem Unwetter immernoch in schrecklichem Zustand und die Kashmir Route wegen der anhaltenden brisanten Situation im Tal heikel. Wir entschlossen uns schlussendlich fuer die Kashmir Route, da die Strassenverhaeltnisse ueber Srinagar und Jammu doch merklich besser und die Unruhen uns bei der Durchreise nicht gross betreffen sollten. Mit einer abgeschossenen Taube, einem platten Reifen und einem kleinen Menschenmob, der sich uns vor Srinagar kurz in den Weg stellte, verlief die Fahrt eigentlich ganz gut. Ein etwas mulmiges Gefuehl kam einem jedoch schon auf, als unser Jeepfahrer in den Doerfer um Srinagar jeweils massiv beschleunigte, aus Angst vor Steinwerfern. Kashmir ist seit vielen Jahren ein grosser Unruheherd. Mehrere Kriege mit Pakistan, viele daraus resultierende religioese Splittergruppen und die Regierungen Indiens sowie Pakistans, die nicht in der Lage scheinen diesen heiklen Territorialkonflikt zu loesen, lassen die Region und Bevoelkerung seit Jahren im Ungewissen. Zehntausende Zivilisten wurden in den letzten 20 Jahren getoetet und die diesjaehrigen Unruhen haben seit Juni 2010 ueber 60 Todesopfer gefordert und den Konflikt weiter verschaerft. Geschaetzte 700'000 indischen Militaerangehoerige befinden sich auf dem indisch zugehoerenden Teil Kashmirs. Zaehlt man die Pakistani Armee im von Pakistan kontrollierten Kashmir dazu, weist die Region die hoechste Militaerpraesenz auf Erden auf. Die juengsten Konflikte verursachten, dass in vielen Doerfern und Staedten Ausgangssperren verhaengt wurden. So war Srinagar, die groesste Stadt im Tal, bei unserer Ankunft gegen Mitternacht dann auch ausgestorben. Durch mehrere Militaercheckpoints ging es mit einem weiteren Jeep direkt weiter nach Jammu, von wo wir am naechsten Morgen ein Bus an unser Ziel Dharamsala brachte. Ingesamt waren wir 38 ermuedende Stunden unterwegs. Somit haben wir das Hochgebirge hinter uns gelassen und machen uns nun auf den Weg in den Sueden Indiens. Mit dem Zug fahren wir zuerst nach Dehli und dann weiter ins 2400 km entfernte Bangalore. Der naechste Blogeintrag wird ein Gasteintrag von Luki sein, der uns seit gut zwei Monaten auf Reisen begleitet.

Montag, 16. August 2010

Trek 1 und 2

Um uns an Hoehe, Material und Umgebung einwenig zu gewoehnen unternahmen wir einen ersten Dreitagestrek von Dharamsala in die Lahesh Cave, auf 3500 Meter ueber Meer. Die Landschaft ist schoen gruen, das Flachland liegt einem zu Fuessen und uns bot sich ein erster Blick auf einige Spitzen der Himalaya Range. Da die Region im Juli und August auch vom Monsoon betroffen ist, kriegten wir waehrend den drei Tagen viel Regen ab. Am zweiten Tag beim Aufstieg in die Hoehle, regnete es in Stroemen. Gluecklicherweise war in der Hoehle noch Platz und ein Bilderbuch Sonnenuntergang entschaedigte fuer die Anstrengungen vom Tag. Die Uebernachtung in der Lahesh Cave war ein Erlebnis und der erste Trek trotz viel Regen ein Erfolg.Von Dharamsala ging es dann mit dem Bus ins 220 km entfernte Manali. Fuer diese Strecke braucht der Bus sagenhafte 11 Stunden und wenn man sich als Heiligen bezeichnen und zu jemanden beten kann, ist dies zu diesem Zeitpunkt sicherlich ein Vorteil. Noch mehr Schutzengel brauchten wir jedoch bei der naechsten Busfahrt von Manali nach Darcha, Ausgangspunkt unseres zweiten Treks. Erstmals war der Bus ueber 6 Stunden verspaetet und gerappelt voll. Der Bus klettert von Manali 2000 Meter in die Hoehe um ueber den Rohtang Pass auf 4000 m.u. Meer zu kommen. Die “Strasse” muss man sich als Schotterpiste nach einem Unwetter vorstellen. Herabgestuertzte Felsbrocken und Lastwagen, hundert Meter tiefe Abgruende und tosende Fluesse lassen einem das Herz mehrfach in die Hose fallen. Erschoepft und verspaetet erreichten wir nach 10-stuendigem Hollenritt gegen Mitternacht Keylong. Nach einigen Schlafstunden am Busbahnhof nahmen wir frueh Morgens einen weiteren Bus an unser Ziel Darcha.

Am selben Tag ging unser Trek ins 150 km entfernte Padum im Zanskartal los. Bepackt mit Essen fuer die 11-taegige Wanderung ging es die ersten Tage auf der Jeepstrasse Talaufwaerts, vorbei an den vielen Strassenbauarbeitern, die die wahnsinnige Aufgabe haben eine Verbindung bis ins Zanskartal zuschlagen. Eine unglaublich harte koerperliche Anstrengung fuer die vielen Maenner und Frauen, die sich zu Fragen scheinen wie man nur freiwillig, mit so viel Gepaeck, durch die Gegend Wandern kann. Tag fuer Tag steigen wir hoeher und tiefer ins Gebirge. Langsam naehern wir uns den weissen Himalaya Gifpeln und dem Shingola Pass (5098 m.u.Meer), dem hoechsten Punkt dieses Treks. Am sechsten Tag ueberqueren wir dann schlussendlich die Schneefelder und den Shingola. Mit dem Pass hinter uns beginnt sogleich der Abstieg ins Zanskartal. Die Landschaft wird zusehends karger und brauner. Trotzdem finden wir taeglich wunderbare Rastplaetze wo wir unsere Zelte aufschlagen koennen. Durch grosse, weite Taeler, ueber Steinlawinen, Schluchten und Wiesen geht es langsam in Richtung Padum. Immer wieder stellen Flussueberquerungen eine grosse Herausforderung dar und mehr als die Fuesse werden dabei nass. Gegen Ende des Treks und als die Beine taeglich schwerer werden, koennen wir immer wieder unsere Vorraete mit frischem Gemuese und Yak-Cheese bei lokalen Bauerfamilien aufstocken. Am 11 Tag erreichen wir muede, jedoch gluecklich, dass die Tour ohne groessere Zwischenfaelle lief, das Etappenziel Padum. Zu diesem Zeitpunkt erreicht uns auch schon die schreckliche Nachricht vom Unwetterunglueck in Leh. Schwere Regenguesse verwuesteten Doerfer, Felder, Strassen und forderte tragischerweise hunderte Todesopfer. Die Ladakh Region ist normalerweise extrem trocken, mit durchschnittlich gerademal 80 mm Regen im Jahr. Die grossen Regenmassen loesten Flutwellen und Schlammlawinen aus, die hunderte Leute aus dem Schlaf respektive in den den Tod rissen. Uns betrafen gluecklicherweise nur die Folgen des Unwetters. Wir hatten zwar waehrend unserem Trek auch taeglich Regen, getroffen vom Sturm wurden wir im Gegensatz zu anderen Trekkern nicht. Durch den Regen war die Strasse Padum-Kargil resp. Kargil-Leh an vielen Orten zerstoert. So sassen wir einige Tage in Padum fest bevor wir Esther, eine 62-jaehrige Schweizerin, trafen. Esther und Norbu (Ihr 30-jaehriger Ladakhi Freund, Bekannter, Lover; je nachdem wen man fragt) besassen einen eigenen Jeep. So konnten wir uns Ihnen anschliessen und langsam in Richtung Leh fahren. Wegen den schlechten Strassenverhaeltnissen und einigen Zwischenstopps erreichten wir Leh erst nach drei Tagen. Je naeher wir Leh kamen, je besser waren die Ausmasse des Unwetters ersichtlich. Ganze Haeuserreihen weggeschwemmt. In Leh ist die Umgebung rund um den Bus-Stand komplett zerstoert. Wir werden nun einige Tage in Leh verweilen und voraussichtlich ein bis zwei Tage Freiwilligenarbeit fuer die Flutenopfer verrichten. Eventuell begeben wir uns auch nochmals auf einen Trek, um die Reperaturarbeiten auf der Leh-Manali Strasse zu ueberbruecken.